Aphasie

Aphasie ist eine zentrale Sprachstörung, die u.a. aufgrund von Schlaganfällen, Hirntumoren und Schädel-Hirn-Traumen entstehen kann. Die Aphasiearten wurden häufig nach POECK eingeteilt. So sprach man von Amnestischer Aphasie, Broca-Aphasie, Wernicke-Aphasie und Globaler Aphasie.

Da aber meist Mischformen auftreten, ist es sinnvoller, eine Einteilung nach Symptomen vorzunehmen, um dann in der logopädischen Therapie gezielt an diesen zu arbeiten.

Mit Hilfe verschiedener Testverfahren wird festgestellt, in welchen Bereichen die Patient:innen Schwierigkeiten haben und wie groß das Ausmaß der Störung ist. Probleme können u.a. auftreten:

  • bei der Wortfindung: Die Wörter sind nicht zur richtigen Zeit abrufbar, sie “liegen sozusagen auf der Zunge”.
  • im Sprachverständnis: Es klingt alles wie “chinesisch”, da nicht auf die Wortbedeutung zugegriffen werden kann.
  • bei der Sprachproduktion: Z.B. werden unverständliche Dinge gesagt, oder nicht in ganzen Sätzen gesprochen etc.
  • beim Lesen: Trotz intakter Sehfähigkeit können die Buchstaben nicht den entsprechenden Lauten zugeordnet werden.
  • beim Schreiben: Es können Buchstaben sowie Wörter nicht richtig geschrieben werden. Wie in allen anderen Bereichen sind auch hier die möglichen Fehlerarten sehr vielfältig.

Es können einzelne, im schlimmsten Fall aber auch alle Sprachmodalitäten, das heißt die Sprachproduktion, das Sprachverständnis, Lesen und Schreiben betroffen sein. Die Störung innerhalb dieser Modalitäten ist oft unterschiedlich stark ausgeprägt. Das bedeutet, dass Aphasiker:innen sich z.B. fast nicht sprachlich äußern können und nur so genannte Automatismen wie “ach ja” oder “das muss doch” produzieren, während relativ gut gelesen und das Gelesene auch verstanden werden kann.

Nach dieser Symptomanalyse wird für die Patient:innen ein individueller Therapieplan aufgestellt. Das Ziel der darauf aufbauenden Therapie ist es, den Patient:innen die Verständigung mit dem Umfeld zu ermöglichen und zu erleichtern. Dabei ist zu beachten, dass es in der Aphasietherapie nicht um Neulernen geht, sondern um das Stimulieren und Reaktivieren von noch vorhandenem Wissen. Denn die Information ist noch verfügbar, aber der Zugriff ist gestört. Durch verschiedene Therapieansätze ist es möglich, diesen Zugriff zu erleichtern. Sprachliche sowie schriftsprachliche Kommunikation soll angeregt werden, wobei auch der Einsatz von Mimik und Gestik genutzt wird. Auch Sprachcomputer gewinnen in der Aphasietherapie zunehmend an Bedeutung.

Die Aphasie und ihre Therapie kann man anhand des folgenden Vorstellungsbildes gut erklären:
Die Nervenleitbahnen unseres Gehirns lassen sich mit Straßen vergleichen, die zu einem komplexen System verbunden sind. Diese enden in verschiedenen Häusern, wie dem Haus des Satzbaus, der Wortbedeutung etc. Eine der Straßen führt beispielsweise zum Haus des Wortschatzes. Durch verschiedene Gründe ist die Straße jedoch beschädigt worden. Ein großes Hindernis macht ein Weiterfahren unmöglich. Der direkte Weg zum Abruf der Wörter ist also gestört.
Man könnte an diesem Punkt umkehren, das heißt aufgeben und resignieren oder – und hier kommt die Logopädie ins Spiel – man könnte Umleitungen finden, um dennoch ans Ziel zu kommen.

Konkret würde dies z.B. bedeuten, dass die Aphasiker:innen, obwohl sie genau wissen, was sie wollen, dies nicht sofort ausdrücken können “Ich möchte – “. Deshalb versuchen sie nun zu umschreiben “das Runde, braun, die Gläser zum besser sehen” und gelangen dadurch schließlich zum Zielwort “meine Brille, meine Brille will ich”.

Mit der Zeit wird es den Patient:innen durch verschiedene Übungen gelingen, schneller ans “Ziel” zu kommen und sich verständlich zu äußern.